- Wolf-Ingo Härtl
Darf ein Autor den Namen einer realen Person nennen? Oder: Das Vermeiden einer bösen Überraschung
Spannende Frage. Darf ich als Autor jemanden namentlich nennen, einfach so? Oder eine Firma oder ein Geschäft, ein Lokal?
Jeder hat schon mal in einem Buch den Namen einer bekannten Person oder eines zB. Hotels gelesen. Darf man das ohne sich rückzuversichern? Bei Prominenten, sowie Gebäuden oder Firmen-, bzw. Markennamen ist das kein Problem, denn es handelt sich hierbei um Personen des öffentlichen Interesses. Das Gleiche gilt auch für Markennamen und Gebäude. Also kann meine Figur in einer bekannten Automarke vor ein bekanntes Gasthaus (zB. "Zum Treppchen) fahren und dort den bekannten Schlagersänger XY am Nebentisch sitzen sehen. Soweit alles gut. ABER aufgepasst: Das Geschriebene kann entweder eine Tatsachenbeschreibung oder eine Meinung darstellen. Beispiel: Der Sänger am Nebentisch ist schon seit zwanzig Jahren im Business tätig. Das ist nachweisbar, also kein Problem, es auch zu schreiben. Schreibe ich aber, dass er wohl auf seine heimliche Affaire gewartet hat, dann bewege ich mich im Bereich der Verleumdung, manchesmal auch in dem der Beleidigung - und dann ist das Eis unter meinen schriftstellerischen Füßen sehr dünn, wenn ich die Behauptung nicht beweisen kann. Ging eine Affaire durch alle Zeitungen, sieht die Sache wieder anders aus, aber besser ist es aber allemal, solche Unterstellungen, die man selbst nicht belegen kann, zu unterlassen.
Bei Personen, die nicht im öffentlichen Interesse stehen, geht das Persönlichkeitsrecht vor. Diese Personen sollten so beschrieben werden, dass sie nicht eindeutig zu erkennen sind, und namentlich sowieso nicht. Denn zB. falsch beschriebene Charakterzüge stellen nun mal auch keine Meinung dar, sondern eine Unterstellung.
Wieso habe ich dann zB in meinem historischen Paris-Roman "Alle Lust sucht Ewigkeit" mehrere historische Personen als Figuren auftreten lassen können? Im Grunde ganz einfach: Ich habe niemanden verunglimpft und in seinem tatsächlichen Lebensumfeld belassen. Die Grabinschrift auf dem Grabstein von Rodolphe Salis, dem "König des Montmarte", ist im wahrsten Sinn des Wortes in Stein gemeißelt und für jedermann sichtbar, dass Madame Kelly das Luxusbordell "Le Chabanais" führte, ist unbestritten und der Maler Edgar Degas, dessen Charakter im Roman nicht wirklich sympathisch dargestellt ist, nun, hier beschreibe ich genau das, was auch verbürgt ist, nämlich dass Degas sich gegenüber seinen Modellen sehr chauvinistisch verhalten hat. Aber auch hier vergewissere ich mich aus verschiedenen Quellen bei meiner Recherche im Vorfeld.
Auch in "Die Geliebte des Räubers" kreuzen historische Figuren die Wege von Lisbeth und Johann. Anton Keil, der Oberste Ankläger von Köln und leidenschaftliche Verfolger von Räuberbanden, hat nach Zeitzeugenberichten, die ich sehr genau recherchiert habe, seine Gefangen aufs Übelste malträtiert, ähnlich wie es im Roman vorkommt. Leider wahr. Und der Schinderhannes wurde zB. an genau dem Tag verhaftet, den ich genannt habe.
Wenn man sich vor dem Schreiben all dieser Dinge bewusst ist und sie berücksichtigt, dann bleibt man selbst und alle anderen vor einer bösen Überraschung zu einem späteren Zeitpunkt verschont. Soll einem ja nicht so gehen wie Fay auf dem Bild oben (hahaha).